Un/schuld: Incendies und Caché

Die Mathematik, die Sie bisher kennengelernt haben, hatte den Zweck, zu klaren und definitiven Lösungen für klare und definitive Probleme zu kommen. Jetzt beginnt ein ganz anderes Abenteuer. Es geht um unlösbare Probleme, die immer zu anderen, ebenso unlösbaren Problemen führen. […] Willkommen in der reinen Mathematik. Willkommen in der Einsamkeit.

Professor Niv Cohen, in: Incendies

Keine Bange, hier geht es nicht um Mathe. Nicht schon wieder. Sondern es geht um das heikle Thema Schuld, genauer gesagt um (Un-)Möglichkeiten von Schuld, die man nicht selbst verschuldet hat: etwa im Sinne ererbter Schuld. Etwa im Sinne jenes grauenerregenden Vermächtnisses des „Westens“, das gemeinhin in das Wort „Kolonialzeit“ verpackt wird. Fest verschnürt in Sprache und die vermeintliche Sicherheit klarer Konzepte. Etwa im Sinne der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands, mit welcher „richtig“ umzugehen auch ohne die lauter werdenden Stimmen neuer Faschist:innen alles andere als simpel ist: auch ohne die geschmack- wie geistlose Rhetorik von „zwölf Unglücksjahren.“ Hier vorgestellt und verglichen werden zwei Spielfilme, die sich extrem differenziert genau solchen Schuldformen widmen. Incendies von Denis Villeneuve (deutscher Titel: Die Frau die singt) und Caché von Michael Haneke (auf Deutsch etwa „dahinterliegend“ oder „verborgen“).

Zunächst: inwiefern sind derartige Erzählungen aktuell? Caché stammt aus dem Jahr 2005, Incendies von 2010. Hilft es tatsächlich irgendjemandem weiter, einige ihr oder ihm ggf. neue, noch dazu hochkomplexe Argumente zu hören, warum man nicht etwa mit Autokraten sympathisieren, Fakten leugnen oder sich mit Anne Frank vergleichen sollte, weil man z.B. zuhause Geburtstag feiern oder im Supermarkt eine Stoffmaske tragen muss? Vermutlich nicht. Jedoch bleibt die Beschäftigung mit Verantwortlichkeit als solcher mehr als intellektuelle Selbstgerechtigkeit. Denn auch auf der „anderen Seite“ lässt sich von einer zunehmenden Tendenz zur Kompromisslosigkeit sprechen: was eher schwerer macht, den eigentlichen Gefährder:innen einer möglichst menschenfreundlichen Zukunft entgegenzutreten. Damit soll explizit nicht Stellung bezogen werden gegen das Vertreten ernsthafter unverrückbarer Positionen. Gegenüber Rassismus und kruden Welterklärungsversuchen toleranter zu werden, um wutschnaubenden „Besorgten“ entgegenzukommen – wie viele konservative (oder auch linke) Politiker:innen es in den letzten Jahren versucht haben – ist im besten Fall sehr naiv.

Vielmehr wäre zu fragen, was die Autor:innen von (der dankbaren Boulevard-Presse als solcher stilisierter) „Shitstorms“ gegen Kabarettist:innen und Fantasy-Autor:innen – wohl die führenden Köpfe der kulturellen Hegemonie – davon abhält, ähnlich laut gegen die Folter von Menschen an den EU-Außengrenzen oder die politische Instrumentalisierung innereuropäischen Elends Partei zu ergreifen. Möglicherweise, dass es komplexer ist, eine valide Argumentation aufzubauen, wenn man selbst in nachteiliger Weise mehr ist als ein:e unbeteiligte Beobachter:in oder ein (reines) Opfer. Womöglich ist die Bereitschaft zur ernsthaften Auseinandersetzung mit wahrlich unbequemen und komplexen Fällen (eigener wie fremder) Schuld ein ganz entscheidender Faktor: nicht nur, um im andauernden „Kulturkampf“ dieser Tage die richtigen (Angriffs-)Ziele (oder erst einmal eine richtige Seite) zu finden, sondern, um diesen letztlich zu gewinnen. Wo immer dies ausbleibt, haftet noch der nobelsten Geste ein Hauch von Verdrängung und Kompensation an. Luther und Churchill pauschal zu diffamieren, weil diese „Antisemiten!“ oder „Rassisten!“ gewesen seien, macht es nur schwerer, kritisch zu hinterfragen, inwiefern die potenziell gefährlichen Denkgebilde entsprechender Charaktere möglicherweise effektiv bis heute in „uns“ nachwirken. So argumentiert z.B. Nietzsche – ja, gewiss, in diesem Zusammenhang ganz sicher nicht das am cleversten gewählte Beispiel, obschon definitv kein Antisemit – erschütternd schlüssig, dass Luthers Reformation als eine Art Konterrevolution zur im katholischen Raum seiner Tage den Katholizismus erodierenden Rennaissance betrachtet werden kann; ob man dem folgen möchte oder nicht, ist eine kritische Auseinandersetzung mit Luthers nicht offensichtlich verwerflichen Thesen für uns Heutige wohl von größerer Relevanz als Fingerzeige auf dessen Reproduktion des populären Antisemitismus‘ seiner Zeit. Ab einem gewissen Alter bzw. Maß an Historizität stehen Kulturgüter gleich welcher Art ohnehin gewissermaßen in Anführungszeichen – gefährlich ist, was bei oberflächlicher Kritik nicht direkt als Problem erscheint. In diesem Sinne mag sich die Rezeption von Chaché und/oder Incendies durchaus lohnen: bevor Sie die nächste (falsche) Statue in die Luft sprengen.

Abgesehen davon stellen beide Filme schlicht phänomenale Beispiele neuerer Filmkunst dar: äußerst geeignete „Axtgeschichten“ im Sinne des Kafka-Zitats im Eingangsbereich. Aufgrund der nachfolgend herausgestellten Parallelen – vielleicht auch das Programm für einen niederschmetternden Double-Feature-Filmabend? Wobei: falls Sie einfach nur schwer an guter Laune leiden, empfehlen sich alternativ Der siebente Kontinent und Funny Games, beide gleichfalls von Haneke (immerhin Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und Ehrendoktor der Theologie – was auch immer Ihnen das sagen soll). Oder Sicario und Enemy von Villeneuve. Aber lassen Sie Vorsicht walten, dies sind echte Schwermetalle.

Ein letztes Wort vorab. Ich bin in der Regel kein Fan von Spoiler– oder Triggerwarnungen. „Schreck lass nach, Snape tötet Gandalf?“. „Was denn, ein Buch, das In der Strafkolonie heißt, enthält brutale Szenen?!“. Allerdings sind die beiden hier besprochenen Filme ohne entsprechendes Vorwissen derart wirkmächtig, dass ich im Zweifelsfall doch empfohlen haben möchte, sie vor der Lektüre selbst anzusehen. Zudem ist, allemal bei Incencies, schon die nüchterne Aufzählung des Handlungsgeschehens einigermaßen verstörend – besonders ohne die wertende und damit teils wohltuend relativierende Inszenierung. Nun denn.

Caché. Dem Genre nach – sofern der Film sich in gängige Genrekategorien einordnen lässt – Drama, Mystery und Thriller. Auf Platz 25 der BBC-Liste The 100 Greatest Films of the 21st Century. Häufig verglichen mit den Arbeiten David Lynchs.

Im Zentrum des Films stehen der pariser TV-Moderators Georges Laurent und seine Familie. Georges leitet eine Fernsehsendung, die an Das literarische Quartett erinnert. Als Sohn einer alten Gutsherrenfamilie ist er von Haus aus vermögend. Seine Frau Anne arbeitet in einem Verlag, Sohn Pierrot geht zur Schule und gewinnt Schwimmwettbewerbe. Das bildungsbürgerliche Idyll gerät ins Wanken, als der Familie (und später auch Georges’ vorgesetztem Intendanten beim Fernsehsender) Videokasetten und morbide Kinderzeichnungen zugespielt werden. Auf den Videos zu sehen sind (zunächst) nur stundenlange statische Außenaufnahmen vom Haus der Familie und ähnlich neutrale Szenen. Drum will die Polizei nichts tun – doch bald folgen anonyme Anrufe und Georges beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Er hat auch schon einen Verdacht, welcher sich zu bestätigen scheint – auch wenn später Zweifel aufkommen.

Während Georges’ Kindheit war auf dem Gut seiner Eltern eine Familie algerischer Gastarbeiter beschäftigt. Diese kamen ums Leben, als sie 1961 an der Demonstration der algerischen Unabhängigkeitsbewegung teilnahmen, welche im (realen, in Frankreich bis heute tabuisierten) Massaker von Paris von Polizei und Verwaltung blutig niedergeschlagen wurde. Es blieb jedoch ein Junge in Georges’ Alter zurück, Majid. Aus Schuldgefühlen oder Sympathie den Verstorbenen gegenüber beschlossen Georges’ Eltern, Majid zu adoptieren. Da der sechsjährige Georges aber nicht in Stimmung war, zu teilen, verleitete er Majid dazu, einen Hahn zu köpfen – um seinen Eltern anschließend zu erzählen, Majid hätte dies getan, um ihn zu erschrecken. Woraufhin sie Majid dann doch lieber ins Waisenhaus gaben, anstatt ihn zu adoptieren.

Dem erwachsenen Georges gelingt es, Majid aufzuspüren und zur Rede zu stellen. Dieser reagiert äußerst freundlich und bestreitet, etwas mit den Videokassetten zu tun zu haben, Georges aber droht ihm und lässt ihn völlig verzweifelt in seiner (verglichen mit Georges deutlich bescheideneren) Behausung zurück. Als Pierrot bei einem Freund übernachtet, ohne den Eltern Bescheid zu geben – schlagen diese in heller Panik Alarm und hetzen Majid – und dessen erwachsenem Sohn, der ihn gerade besucht – zu Unrecht die Poliei auf den Hals. Kurz darauf bittet Majid Georges erneut zu sich und bringt sich vor seinen Augen um. Wenig später erhält Georges am Arbeitsplatz Besuch von Majids Sohn, der ebenfalls glaubhaft abstreitet, die Videos verschickt zu haben, und zwar sehr höflich bleibt, Georges aber nachdrücklich damit konfrontiert, nun nicht nur für das vergleichsweise schwere Leben seines Vaters verantwortlich zu sein, sondern auch für dessen schlussendlichen Suizid. Der Film endet damit, dass Georges sich zerrüttet ins Bett legt, mit Schlaftabletten entschlummert und davon träumt, wie der junge Majid von Mitarbeitern des Jugendamtes vom Gutshof abgeholt und seiner düsteren Zukunft überantwortet wird.

Wer die Kassetten und Kinderzeichnungen (welche abstrahierte Szenen aus Georges’ fraglicher Kindheits-Episode zeigen) verschickt hat, bleibt weitgehend unklar. Möglicherweise Annes Verleger, mit dem sie eventuell eine Affäre hat, oder ein Kollege Georges, der vielleicht auf dessen Posten scharf ist (und der beispielsweise Anne beim Mittagessen mit besagtem Verleger zu beobachten scheint). Es bleibt nicht völlig auszuschließen, dass überhaupt kein sterblicher Mensch dahintersteckt: siehe unten.

Dem gegenüber nun Villeneuves Incendies. Ebenfalls Mystery und Drama, zudem ein Kriegsfilm bzw. Antikriegsfilm. Basierend auf einem gleichnamigen Theaterstück (deutscher Tiel: Verbrennungen) des libanesisch-kanadischen Schriftstellers und Regisseurs Wajdi Mouawad. Beide Erzählungen basieren partiell auf der Biographie Souha Becharas.

Ausgangspunkt der Erzählung ist der plötzliche Tot der kanadischen Notarsgehilfin Narwal Marwan. Per Testament beauftragt sie ihre beiden erwachsenen Kinder, die Zwillinge Jeanne und Simon, zwei Briefe zuzustellen. Einen an deren ihnen unbekannten Vater – entgegen früherer Behauptungen Narwals offenbar noch am Leben – den anderen an einen den beiden unbekannten dritten Bruder. Simon reagiert zornig und weigert sich vorerst. Jeanne aber begibt sich auf die Suche, nachdem sie feststellen muss, dass die mit der Ungewissheit einhergehende Belastung ihr unmöglich macht, mit vollem Einsatz ihrer Beschäftigung als akademische Mathematikerin nachzugehen. Die Suche führt sie in Narwals – ebenso namenloses wie fiktionales – Heimatland (angelehnt an den Libanon). Zunächst allein, später mit Untersützung ihres Bruders und des Notars Lebel, bei dem ihre Mutter beschäftigt war, rekonstruiert sie nach und nach die furchtbare Lebensgeschichte ihrer Mutter, welche parallel erzählt wird.

Die Bevölkerung von deren Herkunftsland teilt sich in Christen und Muslime, zwischen denen Spannungen herrschen. Narwal wächst in einem angelegenen christlichen Dorf auf. Als Jugendliche hat sie eine Affäre mit einem muslimischen Flüchtling, von dem sie schwanger wird. Als ihre Brüder dies herausfinden, töten sie ihren Geliebten. Auf Insistieren von Narwals Großmutter wird sie selbst verschont und darf in den fortschrittlicheren Norden des Landes ziehen, um dort zu studieren. Ihr Kind jedoch muss sie austragen und in einem Waisenhaus im Süden zurücklassen. Einige Jahre später bricht – trotz Friedensbemühungen von Narwal und anderen Student:innen – ein Krieg zwischen fundamentalistisch-christlichen Nationalisten und muslimischen Rebellen aus. Narwal kehrt in den Süden zurück, um ihren Sohn zu suchen. Sie kommt zu spät: das Waisenhaus wurde bereits geplündert, ihr Sohn verschleppt. Unmittelbar darauf muss sie ein Massaker christlicher Militionäre an muslimischen Zivilist:innen mitansehen. Tief verbittert schließt sie sich einer Rebellengruppe an, mit deren Unterstützung sie einen Führer der Nationalisten erschießt. Hierfür wird sie 15 Jahre in einem berüchtigten Gefängnis interniert und gefoltert. Einer ihrer Folterer, Abou Tarek, missbraucht und schwängert sie, woraufhin sie Jeanne und Simon zur Welt bringt. Nachdem sie schließlich entlassen wird, überzeugt der Anführer der Rebellen sie, sich trotz allem um die von seinen Leuten aus dem Gefängnis geretteten (noch sehr jungen) Kinder zu kümmern, und hilft den dreien, in Kanada ein neues Leben zu beginnen. Jahrzehnte später bemerkt sie in einem Freibad anhand einer markanten Tätowierung an der Ferse eines Badegasts, dass es sich um ihren verschollenen Sohn handeln muss (er hat die Tätowierung vor seiner Abgabe ins Waisenhaus von ihrer Großmutter erhalten). Zu ihrem grenzenlosen Entsetzen muss sie feststellen, dass es sich um niemand anderen als Abou Tarek handelt: der nach seiner Verschleppung von muslimischen Rebellen als Kindersoldat ausgebildet, dann allerdings von christlichen Milizionären gefangen genommen, umgedreht und mit einem neuen Namen versehen worden ist, sie im Gefängnis nicht erkannt hat und sich nach Kriegsende ebenfalls nach Kanada abgesetzt hat, um dort anonym zu leben. Bevor sie bald darauf am Schock dieser Erkenntnis verstirbt, schreibt sie die beiden Briefe und ihr Testament.

Schwer erschüttert überbringen Jeanne und Simon schließlich dennoch die Briefe: beide an Abou Tarek. Im Brief „an den Vater“ konfrontiert Narwal ihn damit, unwissentlich die eigene Mutter vergewaltigt zu haben, verurteilt ihn gnadenlos und fordert ihn implizit zum Freitod auf. Im Brief „an den Sohn“ gesteht sie, ihn trotz allem zu lieben und ihm zu vergeben. Schlussbild ist Abou Tarek, der ratlos vor Narwals Grab steht.

Schuld?

Zunächst das Offensichtliche. Der Kern. Caché basiert auf der Versuchsanordnung eines für sein Tun verantwortlichen Erwachsenen, der damit konfrontiert wird, in seiner frühen Kindheit egoistisch gehandelt und damit großes Leid verursacht zu haben: wofür er kaum zur Verantwortung gezogen werden kann, sich aber dennoch schuldig fühlt und eben diese Schuld vergeblich zu verdrängen sucht. Gewissermaßen ist Georges ein unschuldiger Täter und zugleich Opfer seiner (jüngeren) selbst, als welches er dann widerum unwillentlich Täter wird (indem er Majid in den Selbstmord treibt). Analog leidet seine Frau Anne als Opfer der Situation an der Zerrüttung ihres Familienlebens durch die Anrufe und Videos, doch diese wirken sich (möglicherweise) derart gravierend aus, weil sie dessen Fundament durch ihre (angedeutete) Affäre bereits untergraben hat. In ähnlichen Konstellationen sind beinahe alle Figuren von Incendies gefangen. Programmatisch schreibt Narwal in ihrem Testament:

„Die Kindheit ist wie ein Messer im Hals. Sie lässt sich nicht abstreifen.“

Narwal ist Opfer ihres fundamentalistischen Umfeldes (ihr Freund wird erschossen) und des Krieges (ihr Sohn wird verschleppt). Darauf reagiert sie, indem sie selbst zur Täterin wird (der Führer der Nationalisten, den sie erschießt, hat selbst einen kleinen Sohn, der somit seinen Vater verliert), worauf sie wieder Opfer wird (Gefängnis und Folter). In ihren beiden Briefen reagiert sie auf die Erkenntnis all dessen höchst ambivalent, indem sie zwei einander eigentlich ausschließende Antworten formuliert. Abou Tarek wird als Kind entführt und zum Mörder ausgebildet (wofür er noch weniger kann als Georges), doch der Übergang vom kindlichen Opfer zum erwachsenen Kriegsverbrecher ist fließend. Jeanne und Simon reagieren zu Beginn mit Wut bzw. Trauer, überbringen dann aber Narwals Briefe und nehmen somit ihr unmögliches Erbe an. Zuvor laden sie selbst keine Schuld auf sich, sind jedoch Geschwister und (wie Pierre) Kinder eines Täters. Auch der muslimische Warlord Chamseddine, der Narwal hilft, Rache zu nehmen und Simon schließlich die Wahrheit über seinen Bruder/Vater verrät und somit helfend in Erscheinung tritt, hat Abou Tarek zwar nicht zum Folterer, wohl aber zum Kindersoldaten ausgebildet. Eine (weitgehend) weiße Weste haben in all dem letztlich nur Lebel, der Notar, für den Narwal gearbeitet hat, und, in Chaché, der Sohn Majids.

Inszenierung

Eine unverkennbare Parallele beider Filme besteht in der Übertragung der Hetzjagd durchs Labyrinth von Schuld und Unschuld auf die inszenatorische Ebene. So beginnt Chaché mit einer minutenlangen statischen Einstellung, in der Georges’ Haus zu sehen ist und während der auch die Credits eingeblendet werden. Schließlich beginnen Georges und Anne im Off, über das Gesehene zu diskutieren, mit sichtbarer Bildverzerrung wird das Band zurückgespult (ein Stilmittel, das Haneke auch beispielsweise in Funny Games verwendet). Das vermeintlich harmlose, wenn nicht gar etwas langweilige Bildgeschehen entpuppt sich als unheimliche Videobotschaft, wird schlagartig bedrohlich. Mit diesem einleitenden Stilmittel spielt der Film immer wieder. Scheinbar banale Einstellungen entpuppen sich als neue Drohungen – teils, um dann doch banal zu sein. Beispielsweise wird minutenlang gefilmt, wie Pierre nach Unterrichtsende das Schulgebäude verlässt, mit anderen Kindern spricht und schließlich ins Auto seines Vaters steigt. Je länger ohne einen Schnitt „draufgehalten“ wird, desto stärker wird die Befürchtung, ein neues Video zu sehen, in welchem der/die Unbekannte nun direkt Georges’ Sohn bedroht. Bis schließlich zu einer Gegenschuss-Einstellung geschnitten wird, die enthüllt, dass dort, wo der/die Filmende gerade stehen müsste, niemand ist. Schlussbild des Films ist eine lange, sehr lange Aufnahme selbigen Schulausgangs mit sich zerstreuernden Kindern – und somit die Frage, ob nicht doch, ob die Videos überhaupt aus der Hand eines Menschen, eines Sichtbaren stammen… Womit Chaché natürlich (ebenfalls analog zu Funny Games) die schon etwas abgeschmackte Frage aufwirft, ob Zuschauer:innen von Filmen neutral (bzw. unschuldig) beobachten oder Verantwortung dafür tragen, was sie sich (willentlich) ansehen.

Incendies betreibt ein ähnliches Katz-und-Maus-Spiel mit der Erzählperspektive. Abwechselnd werden Narwal gezeigt und Jeanne, die auf ihren Spuren später mehr oder weniger dieselben Orte abläuft – teils auch Szenen, in denen keine der beiden vorkommt, dies ist jedoch die Ausnahme. Ortswechsel, ob in Verbindung mit einem entsprechenden Zeitsprung oder nicht, werden stets kenntlich gemacht, indem der Name des jeweils neuen Ortes in beinahe bildfüllenden grellroten Lettern eingeblendet wird: beispielsweise der Stadtname „Daresh“. Der grafische Effekt ist derart drastisch, dass beinahe von einem Schockeffekt die Rede sein kann – und schockiert verpasst man oft erste Details, die ankündigen, dass ein Zeitsprung stattgefunden hat. Dies wird verstärkt, da Lubna Azabal (die Darstellerin der jungen Narwal) und Mélissa Désormeaux-Poulin (die ähnlich junge Jeanne) einander optisch ähneln, ähnlich spielen und meist ähnlich gekleidet sind. Somit kann man das Geschehen häufig nur verzögert in den jeweils passenden kausalen Zusammenhang einordnen. Ein Gefühl der Derealisation kommt zustande, als Zuschauer:in erlebt man das oft grausige Geschehen entfremdet. Wie in Brechts epischem Theater wird man somit angehalten, das Erzählte distanziert und analythisch zu rezipieren. Doch eine entsprechend emotionslose, „sachliche“ Betrachtungsweise ist gerade das, was die handelnden Charaktere befähigt, grauenhafte Dinge zu tun (Kindersoldaten auszubilden mag rein strategisch betrachtet ein erfolgversprechendes Vorgehen sein; somit ist hochproblematisch, die Dinge rein strategisch zu betrachten). Wie bei Caché wird man zugleich in die angenehme Position nicht-betroffenen Beobachtens versetzt und bekommt eine Täter-Perspektive aufgezwungen. Ein Stilmittel, mit dem viele Antikriegsfilme arbeiten, beispielsweise auch Apocalypse Now, Full Metal Jacket, Jarhead oder Monsters: Dark Continent. Im Fall von Incendies kommt hinzu, dass der Fragenkatalog wer bin ich?, woher komme ich?, wohin gehe ich? erweitert wird durch wo bin ich und wann bin ich?ähnlich wie in den Filmen Alejandro Jodorowskys. Wie die Charaktere selbst, insbesondere Jeanne, verliert man nicht nur den Bezug zur Umwelt samt ihres Grauens, sondern auch zur eigenen Identität – und Zeit. Untermauert wird diese Verwischung von Ort und Identität dadurch, dass nicht immer nur die Namen von Orten entsprechend eingeblendet werden, sondern stattdessen teils auch von Charakteren, welche den fraglichen Orten ihre temporäre Relevanz verleihen. Z.B. wird bei Simons Treffen mit Chamseddine dessen Name anstatt des Namens des Hotels eingeblendet, in dem sie sich treffen, oder der Stadt, in der dieses sich befindet. Beim ersten Schnitt zu Narwal Marwans Heimatdorf wird „Marwan“ eingeblent, wobei unklar bleibt, ob Marwan ihr Nachname ist oder ob dieser Name so etwas wie ein Herkunftsverweis ist („Narwal von Marwan“ – wie „Gustav II. Adolf von Schweden“).

Abschließend greifen die drastisch plakativen (Orts-)Namenseinblendungen ein wiederkehrendes Stilmittel in den Filmen Villeneuves auf: das überraschende Zeigen von Bildern mit starker psychischer Wirkung, die sich nur schwer in den jeweiligen Kontext einordnen lassen. Laut Villeneuve selbst (geäußert in einem Interview, dass Sie irgendwo in den Untiefen Youtubes finden, wenn Sie lange genug wühlen) mit der Zielstellung, Zuschauer:innen so mit der Frage nach freiem Willen und Rationalität gegenüber blinder Kausalität zu konfrontieren (sinngemäß: „Wenn ich eigentlich keinen mir bekannten Grund habe, bei diesem Anblick etwas zu empfinden, warum löst er dann etwas in mir aus? Handele ich überhaupt jemals wirklich auf Basis rationaler Entscheidungen?!“). Dieser Effekt synergiert selbstredend mit dem der allgemeinen Entfremdung („Ich habe keinen Bezug zu den schrecklichen Dingen, die ich erlebe und selbst verursache. Bin ich überhaupt für irgendetwas verantwortlich, was ich erlebe oder tue?“).

Diese Frage nach der generellen Unschuldigkeit unbeteiligten Zusehens bzw. der theoretischen Möglichkeit derselben stellt eine Gemeinsamkeit zu Caché dar. Abgesehen davon neigt Caché zu einer sehr viel klareren, nüchterneren Bildsprache (teils regelrecht „lesbar“: als Georges schließlich im Bett liegt, fällt durch einen Spalt in den Vorhängen hinter ihm Licht; metaphorisch das Licht der gegen seinen Wunsch eindringenden Wahrheit, die über ihm schwebt wie ein Damoklesschwert).

Horror

Kurzer Exkurs. In seinem Sachbuch Danse Macabre unterscheidet Stephen King drei Ebenen, auf denen Horrorgeschichten funktionieren und Ängste Wecken können:

  1. Ekel. Wohl selbsterklärend. Platzende Zombieköpfe, zuckende Innereien, Alienschleim und dämonisches Erbrochenes. Braindead, Sie wissen schon.
  2. Schrecken. Unmittelbares Erschrecken und die Angst davor. Im Wesentlichen Schockeffekte und Wo-schleicht-das-Monster-herum?!-Sequenzen. Ein perfektes Beispiel wäre hier Jaws.
  3. Entsetzen. Subtiles Grauen, das nicht von unmittelbaren Reizen und/oder deren akuter Erwartung herrührt, sondern von schockierenden Erkentnissen bzw. Schlussfolgerungen – häufig indirekter Ekel. Invasion of the Body Snatchers: Donald Sutherland entpuppt sich als einer von ihnen!

Interessanterweise vertritt King die Ansicht, alle drei Ebenen seien (sofern je richtig angewandt) erzählerisch gleichwertig. Ein exemplarischer Film, der alle drei Ebenen höchst effektvoll bespielt und miteinander verknüpft, ist John Carpenters The Thing: die Kreaturen sehen wirklich scheußlich aus, allenthalben muss man damit rechnen, dass Leichenteile auf Krabbenbeinchen davonkriechen, um ihr Glück allein zu versuchen, und wer mit dem außerirdischen Virus infiziert ist, lässt sich bestenfalls indirekt erschließen, wodurch die Implikationen jeder fraglichen Enthüllung neu schockieren.

Abgesehen von diesen klassischen Beispielen: Incendies und Caché sind keine Horrorfilme, nicht im engeren Sinne. Allerdings weisen Beide Filme dem Horror-Genre entlehnte Elemente auf, was auch im Zusammenhang der jeweiligen Schuldkonstruktionen von Interesse ist. Die Angst wird zur Folge von, Reaktion auf oder Strategie gegen Schuld.

Ekel spielt in beiden Filmen keine große Rolle. Bei Caché kaum überraschend; eklig ist bestenfalls die gnadenlose Darstellung von Majid, der sich die Kehle aufschlitzt, woraufhin ein Schwall Blut auf die Wand hinter ihm spritzt. Allerdings ist der entstandene Blutfleck derart ästhetisch, dass künstlerische Assoziationen hervorgerufen werden, welche die unmittelbare Widerlichkeit beinahe überlagern. Das Ganze erinnert an ein Gemälde von Hermann Nitsch oder – auch erzählerisch, metaphorisch – an einen abnormen Rorschach-Test. Und der vom jungen Majid unsachgemäß geköpfte Hahn springt kopflos noch etwas herum: fraglos eklig (und für den Knaben in Tarkowskijs Der Spiegel zu viel des Guten) aber kein exzessives Ekeln wie im Zombie-Kino. Davon abgesehen keinerlei Schockbilder. Auch Incendies ist – besonders für einen (Anti-)Kriegsfilm – äußerst sparsam in der Darstellung zerstörter Körper und ähnlich physischer Kriegsfolgen. Zwar wird z.B. gezeigt, wie ein christlicher Milizionär ein Kind erschießt, doch dabei spritzt nicht viel Blut. Auch folgt keine selbstgenügsame Großaufnahme der Leiche. Grauenhaft ist der Akt an sich, nicht seine Folgen für Knochen und Gewebe. Gleichsam werden Folter und Vergewaltigung nie gezeigt: nur die davon als zitterndes Wrack zurückgelassene Narwal. Es muss eher von Entsetzen die Rede sein als von direktem Ekel. Insgesamt bewegen beide Filme sich auf einem Darstellungsniveau, das sie fürs Abendprogramm im öffentlich-rechtlichen Fernsehen qualifiziert.

Schrecken wird in Incendies kaum geboten. Narwal durchlebt einige grauenhafte Gefahrensituationen, die auch nervenaufreibend erzählt werden (als eine von nur drei Überlebenden ist sie zeitweilig in einem unter Beschuss geratenen Bus gefangen, den die Mörder zusätzlich anzünden wollen), allerdings dient dies eher der angemessenen Darstellung des Krieges (Marwal einfach unbescholten in einem Krisengebiet herumlaufen und sich mit komplexen emotionalen Problemen befassen zu lassen, würde die unmittelbare Ebene der Gefahr verharmlosen) als den Film insgesamt zu prägen. Caché dagegen bedient sich zielgerichtet einiger typischer Horromotive, um Schrecken zu erzeugen – im Sinne der Erwartung von Schockeffekten, Ekel oder, kurzum, des Moments, in dem der Film sich tatsächlich als Horrorstück entpuppt. Ominöse Videokassetten und Drohbotschaften kennt man aus Titeln wie Ring, The Blair Witch Project, Paranormal Activity oder Lost Highway. Ein fast noch verbreiteterer Archetyp sind die gruseligen Kinderzeichnungen, in welche die Kassetten eingewickelt sind, bekannt etwa aus Insidious oder The Babadook. Ähnliches gilt für Georges’ Albträume – besonders das Bild des jungen Majid mit Axt als schattenhafte Silhouette. Das Angsterleben in Horrorfilmen hat stets auch etwas befreiendes; nicht man selbst leidet, wird zerstückelt oder zum Body Snatcher; in jedem Fall ist es irgendwann vorbei – und als Zuschauer:in ist man nochmal davongekommen. Das Überleben wirkt belebend. ANGST als Heilmittel für Seinsvergessenheit. Caché baut ausschweifend die Erwartung einer solchen Katharsis auf, um sie dann letzten Endes zu enttäuschen bzw. zu verweigern.

Entsetzen kommt bei Caché hauptsächlich durch eben diesen sanften Ausklang zustande. Stück für Stück muss man erkennen: es kommt keine Erlösung. Nicht für Georges und nicht fürs Publikum. Er ist in seiner Schuld gefangen, war es im Grunde immer, ohne es sehen zu wollen, und es bleibt fraglich, wie oder ob die Familie je wird zur Normalität zurückkehren können. Eben diese Ungewissheit ist, was der Rorschach-Blutspritzer repräsentiert. Ein Rätsel ohne Lösung, ein Labyrinth ohne Ausweg. Einen Vorgeschmack auf diese Sackgasse, in deren Richtung alles strebt, bieten die Einstellungen, die sich vorgeblich oder überraschend als neue Videobänder entpuppen. Man fügt 1 und 1 zusammen und erschrickt vor der 2: „Es ist (k)ein Tape!“. Incendies hingegen gewährt auf dieser Ebene eine direkte Konfrontation mit dem Grauen samt folgender Erleichterung. Eben dies trägt wesentlich dazu bei, die Erzählung überhaupt erträglich zu machen. Gipfel des Grauens und befreiendes Moment ist jene Szene, in welcher Simon Jeanne mitteilt, was er von Chamseddine erfahren hat: Abou Tarek ist ihr beider Vater UND Bruder. Seinerseits tief verstört bringt er es seiner Schwester, der Mathematikerin, in folgenden Worten bei:

„Eins plus eins gibt zwei. […] Eins plus eins gibt zwei. Es kann unmöglich eins geben. […] Jeanne. Eins plus eins … kann das eins geben?“

Das grandiose Spiel von Désormeaux-Poulin macht das Entsetzen greifbar. Als Zuschauer:in hat man die Wahrheit bereits mit Simon erfahren und bangt nun vor dem Moment der Aussprache zwischen den Geschwistern, leidet mit Simon an der Unmöglichkeit, sie Jeanne in verträglicher Form beizubringen. Gewissermaßen kommt hier doch noch etwas Schrecken zustande: man fürchtet den Schreckmoment und erschrickt über Jeannes Erschrecken (sie fährt zusammen und atmet abrupt, laut und sehr schroff ein). Kern des Entsetzens ist hier die Beschwörung der tiefsitzenden Furcht, dass etwas außerhalb jener Kategorien existiert, in denen zu denken man sich im Alltag erlauben kann. Ein unerhörter Sachverhalt, eine Konstellation, in deren Kontext 1 + 1 nicht 2 ergibt. Ein Schwarzes Loch, das Euklid und Newton nutzlos erscheinen lässt. Kosmisches Grauen, ganz im Sinne Lovecrafts. Tatsächlich erinnert die Auflösung von Incendies gewissermaßen an einige Lovecraft-Storys, deren Protagonisten ebenfalls nicht umhin können, entsetzliche Wahrheiten über ihre eigene Abstammung vorzufinden. Zu nennen wären beispielsweise The Shadow over Innsmouth, The Outsider oder Facts Concerning the Late Arthur Jermyn and His Family.

In diesem Zusammenhang wird nochmals die Frage relevant, wer in Caché die Bänder schickt. Wie erwähnt streut der Film Hinweise auf mögliche durchaus menschliche Täter:innen. Georges’ Kollege, Annes Verleger. Womöglich schauspielert Majids Sohn bloß überzeugend, nichts von den Videos zu wissen. Vielleicht ist Majid todkrank und inszeniert seine Videos und den Suizid als späten Racheakt. Auch Georges’ schwer kranke alte Mutter hätte zumindest das nötige Wissen, um Georges’ wunden Punkt zu treffen (und die finanziellen Mittel, z.B. einen Privatdetektiv eben damit zu beauftragen). Allerdings wird wiederholt betont, dass die Aufnahmen mehr oder weniger von unmöglichen Perspektiven gedreht zu sein scheinen. So bietet die Gasse gegenüber vom Haus der Familie, von welcher aus eben jenes in der initialen Einstellung des Films gezeigt wird, eigentlich kein Versteck, von dem aus jemand stundenlang hätte filmen können, ohne von den auf den Aufnahmen durch die Gasse laufenden Familienmitgliedern und Nachbar:innen bemerkt zu werden. Wie gesagt, es handelt sich um Videokassetten: Drohnen und digitale Mini-Kameras sind ausgeschlossen. Auch, wenn der Film keine offensichtliche(re)n dahingehenden Andeutungen macht, lässt sich damit nicht ausschließen, dass die Botschaften einer übernatürlichen Quelle entstammen. Dem durch die Zeit rückwärts reisenden, auf Rache sinnenden Gespenst Majids – oder, naheliegender, Gott.

Man hätte es jedoch mit keinem freundlichen Gott zu tun, vielmehr mit einer abgründig-unbegreiflichen Entität, die gnadenlos alte Sünden straft. In christlichen Kategorien eher der Gott des alten Testaments. Ein Gott, dem direkt zu begenen bedeutet, sich unerträglichem Grauen auszusetzen (trefflich veranschaulicht etwa im Bild der lebendig schmelzenden Nazis, welche in Raiders of the Lost Ark die Bundeslade öffnen). Da allerdings gerade die Verweigerung einer Konfrontation mit dem Grauen in Chaché Ausgangspunkt des Entsetzens ist, wird dieses neu konnotiert: als etwas wünschenswertes. Falls man bereit ist, ohne handfeste Indizien zu glauben, dass die Videos Manifestationen göttlichen Zorns sind, dass 1 + 1 auch in Caché nicht 2 ergibt (die 2 wird ja nicht explizit gezeigt, gewissermaßen endet der Film mit dem „=“-Zeichen), wandelt sich das Entsetzen ausbleibenden Horrors in das Entsetzen echten Horrors. Wenn man sich auf das Gedankenspiel eines Gottes einlässt, der weniger mit Bildern eines gutmütigen alten Manns mit weißem Rauschebart zu tun hat, als mit den außerirdischen Horror-Göttern des Lovecraft’schen Kosmizismus, wirkt paradoxerweise eben dies erlösend. Die Schuld lässt sich nicht abstreifen (das Messer im Hals…), aber die Vorstellung des eigenen Schulderlebens als intentionell fremd auferlegte Strafe bietet ein Framework, um sie zu ertragen. Um sich selbst zu vergeben. Caché als Horrorfilm zu lesen, bringt mit sich, in Grundzügen den Paradigmenwechsel zwischen altem und neuem Testament nachzuvollziehen. Das Entsetzen im Angesicht des Unbegreiflichen konkret auf sich selbst zu beziehen erlaubt, sich mehr als Opfer denn als Täter zu betrachten – wodurch auch das göttlich verursachte Grauen zu einem invertierten Akt fürsorglicher Barmherzigkeit avanciert. Somit wäre auch nicht ausgeschlossen, dass die beschriebene Aufnahme von Pierre vor der Schule tatsächlich einem bedrohlichen, selbst unsichtbaren Starren entspricht: ebenso wenig wie das Schlussbild selbigen Schulausgangs. In diesem Fall erscheint Religiosität zugleich zwar nicht als Lösung (man müsste akzeptieren, in einer anhaltend bedrohlichen weil gottgelenkten Wirklichkeit zu existieren), wohl aber als erlösend. Allerdings ist diese metaphysische Deutungsebene hochspekulativ: zu glauben wäre nur als bewusste, aktive Entscheidung möglich.

Kollektivschuld

Neben der theologischen bzw. kosmizistischen Dimension verhandeln beide Filme sehr konkret und realistisch das Thema Fremdenfeindlichkeit – in den abscheulichen Ausprägungen von Rassismus und religiös bedingtem Hass. Der Übergang ist in beiden Fällen fließend. Dabei nutzt Incendies die Metaphorik eines fiktionalen Landes, während Caché mit dem Massaker von Paris ein allzu konkretes Stück Geschichte thematisiert.

Je stehen die individuellen Konflikte der Charaktere stellvertretend für kollektive Verbrechen und ihre Folgen. Die Schuld des Westens bzw. die Schuld von Warlords und deren Anhänger:innen in der „Dritten Welt“. In Caché hauptsächlich ersteres, in Incencies beides gleichermaßen: wie im realen libanesischen Bürgerkrieg entspricht der Konflikt zwischen christlichen Nationalisten und muslimischen Rebellen zugleich dem Kampf zwischen Interessengruppen, die diplomatisch eine Orientierung des Landes nach Westen bzw. Arabien fordern. Je von den fraglichen Profiteuren unterstützt, entspricht der Bürgerkrieg u.a. einem Stellvertreterkonflikt zwischen internationalen Blöcken. Durch die Übertragung auf ein nicht reales Land wird dieser im Film gewissermaßen in Anführungszeichen gesetzt: als Metapher für entsprechende Stellvertreterkonflikte im Allgemeinen.

Von Bedeutung ist hierbei auch das Motiv früherer Kriegsteilnehmer – Narwal und Abou Tarek – welche im Westen (in diesem Fall Kanada) unerkannt vor sich hin leben. Unabhängig von der jeweiligen Seite: der Westen ist besser geeignet, um die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen, bietet den höheren Lebensstandart. Befürworter wie (vorgebliche) Gegner der globalen Ungleichheit wissen diese für sich auszunutzen. Westliche Doppelmoral führt dazu, dass niemand allzu genau hinsehen möchte – weder beim Elend der Entwicklungsländer und der von dort Entflohenen noch im Fall jener wenigen Immigranten, die tatsächlich selbst konkret Schuld an den Zuständen sind, vor denen sie fliehen. Besonders eindrucksvoll ist hierbei die Darstellung von Abou Tareks Alltag in Kanada: er arbeitet als Reinigungskraft für Busse außer Betrieb, in einer großen grauen Industriehalle – hinter den Kulissen gewissermaßen – und wohnt anonym, irgendwo in einem unscheinbaren Wohnblock. Ein Mensch, wie man sie täglich auf der Straße sieht und von denen man, allemal tendenziell, infolge medialer Stereotypen, gewohnt ist, sie als Opfer zu sehen, als arme Schlucker. Darin liegt seinerseits Überheblichkeit: diese Sichtweise spricht den Betroffenen implizit komplexe Probleme, individuelle Persöhnlichkeiten und, ja, auch Schuld ab. Beim Ansehen der fraglichen Szenen fühlt man sich regelrecht ertappt. Wie oft hat man Menschen dieses Schlags gesehen und bestenfalls in Gedanken flüchtig die Ungleichheit dieser Welt beklagt? Der individuellen Schuld kommt hierbei etwas regelrecht emanzipatorisches zu: jemanden für schuldfähig zu befinden (und alles andere wäre bei Abou Tarek bizarr) bedeutet auch, die Person als verantwortlich anzusehen – als gleichwertig, sofern man dies für sich selbst in Anspruch nimmt. Ihm oder ihr mangels des Vorwands angenommener religiöser Verblendung oder mangelnder Bildung zuzugestehen, im Zweifelsfall ein übler Mensch zu sein. Individualschuld als Mahnung gegen das kollektive Verschulden überheblich-pauschalen Verzeihens.

Des bedeutet selbstverständlich nicht, dass es umgekehrt immer als Zeichen von Respekt zu werten wäre, Menschen (angenommen) nicht-europäischer Herkunft für schuldig zu befinden. Einen passenden Gegenentwurf bietet eine Szene in Caché: gefolgt von Anne tritt Georges zwischen parkenden Poilzeiautos (im Kontext des später thematisierten Massakers von Paris natürlich ein Verweis auf dieses) hervor, um die Straße zu überqueren, und wird beinahe von einem Radfahrer angefahren, den er wüst anschreit („Können Sie nicht aufpassen, Sie Idiot?“). Der Mann reagiert seinerseits zornig, Georges und Anne hätten nicht aufgepasst – Georges hält dagegen, der Radfahrer fahre verkehrt herum durch eine Einbahnstraße. Anne greift schlichtend ein, die beiden Männer trennen sich. Der Radfahrer ist schwarz. Georges bedient sich in keiner Form einer rassistischen Wortwahl, eventuell hätte er bei einem weißen Radfahrer in derselben Situation exakt identisch reagiert. Eventuell aber auch nicht. Eben dies scheint offensichtlich der Radfahrer anzunehmen und reagiert entsprechend wütend: er hat ja auch für beides Grund. Auch er macht den Vorwurf, Georges’ Zorn sei Ausdruck von Rassismus, nicht explizit. Damit wird das weitere Geschehen in den Kontext des problembehafteten westlichen Erbes gesetzt (das Massaker von Paris wird erst sehr viel später erwähnt).

Äußerst angenehm ist die subtile Behutsamkeit, mit der das Thema angegangen wird. Damit bietet Caché einen wirksamen Gegenentwurf zur im Hollywood- und „Mainstream-„Kino weit verbreitetenden Tendenz, Schurkenfiguren zu dämonisieren, indem man ihnen plakativ patriarchalische/kolonialistische/sonstwie-istische Attribute verleiht. So ist beispielsweise Tom Buchanan in The Great Gatsby der Böse, weil Gatsby ihm seine Frau ausspannen möchte; um dies gerechtfertigt erscheinen zu lassen, lässt man ihn ein oder zwei (bei jemandem seines Millieus zur fraglichen Zeit zwar nicht entschuldbare aber kaum ungewöhnliche) rassistische Bemerkungen fällen (und ihn seine Frau betrügen – aber sie betrügt ihn ja parallel mit Gatsby). Analog erhebt Yuval Noah Harari den Kritikpunkt, dass Faschist:innen in vielen Erzählungen derarkt offenkundig böse dargestellt werden, dass allzu leicht fällt, sich nicht als eine:r von ihnen zu fühlen – selbst, wenn man in der Praxis äußerst faschistische Ansichten vertritt. Man peitscht ja niemanden aus und folgt keinem röchelnden Schuft mit Gasmaske, der seine Lakaien telekinetisch erwürgt, wenn sie versagen. Selbiges gilt natürlich auch für Rassismus.

In diesem Sinne setzen Caché und in Summe auch Incendies einen Kontrapunkt zur infolge der Anschläge vom 11. September und der folgenden Kriege im Westen zunehmenden feindlichen Einstellung gegenüber Muslimen und deren zugehöriger medialer Stilisierung vermittels einseitiger Feindbilder. In beiden Filmen sind Muslime eher die Opfer. Selbst wenn Majid und sein Sohn die Videos schicken, haben sie allemal gute Gründe dafür. Auch, wenn im Bürgerkrieg von Narwals Heimatland explizit beide Parteien Kriegsverbrechen begehen, handelt es sich bei den im Film direkt gezeigten Gräueltaten um die der Christen. Chamseddine bildet Kindersoldaten aus und setzt Selbstmordattentäter ein: als müsse das klargestellt werden, laden auch Muslime Schuld auf sich. Allerdings sind die (federführenden) Täter keine von religiösen Dogmen fehlgeleiteten bildungsfernen Primitiven, sondern intelligente, absolut für ihr Tun verantwortliche Menschen. Allein darin kommt eine weit differenziertere Perspektive zum Ausdruck als beispielsweise in Michel Houellebecqs (ansonsten durchaus interessantem) Roman Plateforme.

In diesem Zusammenhang von Interesse: Denis Villeneuves jüngstem Film Dune wird teils vorgeworfen, das rassistische Klischee des „White Saviours“ zu reproduzieren. Wie Villeneuve selbst hervorhebt, gilt jedoch vielmehr Ähnliches wie für Incendies: die Protagonist:innen des Films sind definitiv selbst Täter, doch sie sind dabei ihrerseits Opfer einer komplexen Verflechtung vorangegangener Machenschaften, denen sie aktiv zu entrinnen suchen. Dass dies partiell entschuldigt, ist natürlich weit davon entfernt, uneingeschränkt übertragbar zu sein; ein spannendes Gegenenbeispiel wäre abermals ein Haneke-Film. Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte thematisiert die unmenschlichen erz-protestantischen Erziehungsmethoden, unter denen (in Norddeutschland) jene Generationen zu leiden hatten, die im Erwachsenenalter die Anhängerschaft Adolf Hitlers stellten. Als Opfer waren diese fraglos selbst und vor allem Täter: und das sind auch schon die Mitglieder einer psychopathischen Kinderbande in Hanekes Erzählung.

Nicht/wissen: fluide Zukunft

„Manchmal ist es besser, wenn man vielleicht nicht alles weiß.“

– so einer von Narwals Gefängniswärtern, den Jeanne später nach den Erlebnissen ihrer Mutter befragt. Bezeichnenderweise spricht er diese Worte in einer Schule (in der er zum fraglichen Zeitpunkt als Hausmeister beschäftigt ist). Im Fall Narwals und Georges’ gilt dies allemal. Beider Leben wird von der plötzlichen Erkenntnis zerstört. Womit in beiden Fällen die Frage eröffnet wird, ob sich der Schock hätte vermeiden lassen, wenn das Geheimnis nicht so lange hätte schwelen können. Hätte Georges seine Eltern als Kind gar nicht erst belogen oder seine Lüge rechtzeitig eingestanden, wäre Majid nicht ins Heim abgeschoben worden. Hätte er sich seiner kindlichen Schuld als Erwachsener früher und sogar von selbst gestellt, wäre es womöglich – ganz gegenteilig zum schließlich bitteren Ausgang – insgesamt gut für ihn gewesen: und wohl auch für Majid. Dieser reagiert auch bei ihrer schließlichen (ersten) Begegnung zunächst positiv überrascht, scheint Georges sein kindliches Handeln nicht übel zu nehmen. Hätte Georges ihn früher kontaktiert – oder dann die Gelegenheit genutzt und sich entschuldigt, statt ihn zu beschuldigen und jede eigene Verantwortung abzustreiten – wäre es womöglich sogar trotz materieller Ungleichheit zu einer Freundschaft oder zumindest Aussöhnung zwischen den beiden Männern gekommen. Auch bei diesem Treffen: Georges weiß schlichtweg nicht um Majids scheinbar kritische mentale Verfassung.

Zusammenfassend: Georges reagiert denkbar falsch. Narwal hingegen macht mit ihren beiden Briefen vermutlich das am wenigsten Schlechte aus der Situation: doch die Erkenntnis selbst ist für sie derart schmerzvoll, dass sie buchstäblich daran stirbt. Wäre sie gleichsam gestorben, wenn sie in jüngeren Jahren von Abou Tareks Identität erfahren hätte? In jedem Fall hätte er sie wohl kaum erst vergewaltigt, wenn er oder sie vorab davon gewusst hätten. Beiden Filmen gelingt das Kunststück, von den fatalen Folgen zutagetretenden Wissens zu erzählen und gleichzeitig die Unerlässlichkeit von dessen kontinuierlicher Weitergabe herauszustellen. Auch auf Caché bezogen passend äußert ein ortsansässiger Notar, der Jeanne, Simon und Lebel bei ihren Recherchen in Narwals Heimat hilft:

„Ach, dieses Land! Kriegsgebiet für die andern. Wenn es zur Zeit von Noah Notare gegeben hätte, wäre es anders. Man hätte die ersten Verträge rausgeholt: Das gehört euch, das gehört euch, hier gibt es ein Wegerecht und aus. Und alle wären zufrieden. […] Wir hätten von Anfang an dabei sein sollen.“

Ganz in diesem Sinne ist die Entscheidung, die sich Narwal ggf. vorwerfen lässt, diejenige, sich als Attentäterin den Rebellen anzuschließen, nachdem ihr unmöglich war, ihren Sohn zu finden: statt beispielsweise zu ihrem ins Gebirge geflüchteten Onkel und dessen Kreis intellektueller Kriegsgegner:innen und Student:innen zurückzukehren. So entgegnet sie auf die Frage eines Rebellen, aus welchem Grund sie deren Sache unterstützen wolle:

„Mein Onkel glaubte, mit Worten und Büchern den Frieden zu fördern. Ich glaubte daran. Das Leben lehrte mich was anderes.“

Ob sie damit richtig liegt oder nicht: den diametral entgegengerichteten Weg einzuschlagen ist in ihrem Fall zweifelsfrei ein furchtbarer Fehler. Auch in Caché bewahrt Bildung nicht davor, das Falsche zu tun; Georges ist hochgebildet und wirkt beruflich im Kulturbetrieb. Nichtsdestotrotz besteht die eigentliche Frage des Films darin, ob Bildung potenziell befähigt, stattdessen Richtiges zu tun. In einem der deutschsprachigen DVD-Ausgabe des Films als Bonusmaterial beigefügten Interview sagt Haneke aus, mit seinem Film ergebnisoffen die Debatte aufgreifen zu wollen, ob 3.000 Jahre Kultur in irgendeiner Weise zu besseren Menschen geführt haben. Bei genauer Betrachtung der Schlusseinstellung birgt auch diese ein implizites Statement zugunsten von Bildung: im Schatten des Schulausgangs steht Pierre und spricht freundlich wenn nicht gar freundschaftlich mit einem gleichaltrigen Jungen arabischen Phänotyps (Majids Enkel?!). Allemal für die folgende(n) Generation(en), die Erb:innen der Schuld, scheint es kein valider Ausweg, sich selbst zu vernichten. Die Quellen der Schuld zu vertuschen oder, metaphorisch, weiter daraus zu trinken, führt zu nichts Gutem; stattdessen gilt es, Wege zu finden, damit umzugehen. Dazu passend ist zu Beginn des Abspanns von Incendies eine von der Sopranistin Ciara Hendrick vertonte Passage aus Nietzsches Also Sprach Zathustra zu hören:

„(O Mensch), O Brüder, wer ein Erstling ist, der wird immer geopfert. Nun aber sind wir Erstlinge. Wir bluten alle an geheimen Opfertischen, wir brennen […] alle zu Ehren alter Götzenbilder. O Mensch, O Brüder, nicht zurück soll euer Adel schauen, sondern hinaus! Vertriebene sollt ihr sein aus allen Vater- und Urväterländern!“

Keiner der beiden Filme schließt mit einem plumpen Plädoyer dafür, „nach vorn zu schauen“. Es gibt keine „Lösung“, erst recht keine simple, funktionelle. Manche Aspekte der Realität – etwa die in den untersuchten Geschichten behandelten vielschichtigen Schuldgebilde – sind nicht dafür geeignet, sie im positivistischen Geiste eines trendigen Solutionismus optimieren zu wollen. Man kann nicht alles (nur) mit einer App verbessern. Manche Themen lassen sich nicht auf Kernthesen reduzieren, die man als Blogartikel oder sonstwas in weniger als 15 Minuten Lesezeit konsumieren kann. Wie bereits hier zitiert:

„Art is the opposite of Facebook.“

Yanis Varoufakis

Eine abschließende Gemeinsamkeit von Caché wie Incendies besteht darin, dass die mit der Schuld geborenen Nachkommen häufig schwimmend gezeigt werden. Pierre bei seinen Wettbewerben und dem Training dafür, Jeanne im Freibad und später mit Simon im internen Schwimmbad des Hotels, von dem aus sie in Narwals Heimat recherchieren: körperliche Betätigung zur Bewältigung psychischen Grauens. Auch allegorisch ist dieses Motiv hochbedeutsam, absolut elementar: man befindet sich im Fluiden statt auf festem Grund. Kein Gewinn darin, am sicheren Rand zu bleiben. Erst einmal nass reicht nicht, vom Ufer zu träumen. Die Komplexität muss ausgehalten werden – entscheidend ist, oben zu bleiben. Selbst dann, wenn 2 + 4 nicht 4 zu ergeben scheint. Axtgeschichten wie Incendies und Caché sind – Schwimmunterricht. Denn auch wir müssen zu schwimmen lernen.

„Komödien sind nicht mein Ding.“

Michael Haneke, Interview auf der Caché-DVD.

Robert Boehm, Leipzig, 27.01.2022. Letzte Revision am 01.02.2022.

Bildquellen: Pixabay.com, Wikimedia Commons


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